Branche kämpft um die Rückkehr zur Normalität

Die Verkehrsunternehmen wollen so schnell wie möglich wieder an die Erfolge und an das Wachstum der Vor-Corona-Zeit anknüpfen: Das bekräftigte VDV-Präsident Ingo Wortmann im Rahmen der digitalen VDV-Jahrestagung. „Wir brauchen einen leistungsstarken und wirtschaftlich gesunden öffentlichen Verkehr in Deutschland, um die nach wie vor zentralen Ziele beim Klimaschutz und der Verkehrswende sowie mit Blick auf die Daseinsvorsorge zu erreichen“, so der VDV-Präsident: „Wir müssen bald wieder zur Normalität zurückfinden.“ Die Corona-Pandemie hat das Wachstum der Branche in kürzester Zeit ausgebremst. Bis März war der öffentliche Verkehr seit Jahren auf Rekordniveau unterwegs – bei den Fahrgastzahlen und Einnahmen sowie bei den Transportmengen der Güterbahnen. „Diese Krise hat uns aus dem Nichts und mit voller Wucht getroffen“, erläuterte Wortmann in einer ersten Zwischenbilanz zu den coronabedingten Folgen bei Bus und Bahn.

Die Unternehmen wollen nun mit zahlreichen Maßnahmen Fahrgäste zurückgewinnen und das Vertrauen in einen sicheren öffentlichen Personenverkehr stärken: „Wir haben unsere Hygienestandards und Reinigungsintervalle weiter erhöht. Wir informieren die Fahrgäste, dass es in Bussen und Bahnen, wenn man sich entsprechend der Vorgaben verhält, genauso sicher ist wie überall“, erklärte der VDV-Präsident. Seit einigen Wochen fahren die Verkehrsunternehmen wieder das komplette Angebot, aber die Menschen kommen nur langsam zurück in die Busse und Bahnen. Inzwischen sei man zwar wieder bei durchschnittlich 40 bis 50 Prozent der Fahrgäste, so Wortmann: „Das heißt, die Einnahmen sind weiterhin deutlich geringer als kalkuliert, während die Kosten für das volle Angebot unvermindert anfallen.“
Trotz mangelnder Nachfrage ist das umfangreiche Angebot nötig und politisch gewünscht – auch mit Blick auf die Abstände zwischen den Fahrgästen. Aus Sicht des VDV und seiner Mitgliedsunternehmen ist das jedoch dauerhaft nicht unternehmerisch finanzierbar. „Wir werden aus wirtschaftlicher Notwendigkeit irgendwann Angebote einschränken müssen, wenn die angekündigten Gelder aus dem ÖPNV-Rettungsschirm nicht passgenau fließen“, sagte Wortmann. Es dürfe nicht passieren, dass Verkehre zurückgefahren werden müssen, „weil wir es uns nicht mehr leisten können, während ansonsten das gesamte Land wieder zum Alltag zurückkehrt und die Menschen wieder mobiler werden“. Der VDV hatte daher den jüngsten Beschluss der Konferenz der Verkehrsminister und Verkehrsministerinnen zur finanziellen Beteiligung der Länder am ÖPNV-Rettungsschirm ausdrücklich begrüßt. Zugleich fordert der VDV jedoch eine schnelle Umsetzung und ausreichende Flankierung durch die Länder. Der Bund hatte bereits Anfang Juni seinerseits eine Beteiligung von 2,5 Milliarden Euro am Rettungsschirm beschlossen.

Schienengüterverkehr: Verluste von rund 900 Millionen Euro

Auch der Schienengüterverkehr hat mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Nach Berechnungen des VDV belaufen sich die coronabedingten Einbußen bei den Erlösen auf rund 900 Millionen Euro. Der Verband fordert auch hier schnelle Lösungen. Vor allem für die zahlreichen nichtbundeseigenen Unternehmen im Schienengüterverkehr geht es zum Teil um existenzielle Fragen. Als die Lkws wegen der Grenzschließungen stillstanden, hatte der Güterverkehr auf der Schiene seine Leistungsfähigkeit für die Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung unter Beweis gestellt. „Dennoch gab es durch den Auftragseinbruch der Großkunden aus der Stahl- und Automobilindustrie auch wesentliche finanzielle Einbußen“, erläuterte Ingo Wortmann. Die Kosten konnten nicht in gleichem Maße reduziert werden, und es gab sogar krisenbedingte Mehraufwendungen für die Abstellung von Fahrzeugen, die Zwischenlagerung von Waren und Gütern oder Stornierungsentgelte. „Diese Kosten müssten kurzfristig und unbürokratisch aufgefangen werden, damit der Schienengüterverkehr auch nach der Krise wieder wachsen kann“, forderte Wortmann: „Mit Blick auf effiziente und klimafreundliche Transportketten brauchen wir in Deutschland vor allem eine starke Schiene.“

Im Konjunkturpaket der Bundesregierung seien zwar einige Maßnahmen beschlossen worden, die mittelbar auch die Güterbahnen entlasten, allerdings wurden bislang keine spezifischen Hilfen für den Verlustausgleich des Schienengüterverkehrs beschlossen. „Dazu werden wir weiter mit Bund und Ländern intensiv verhandeln“, so Wortmann: „Ein Stabilitätsfonds wäre zum Beispiel ein mögliches Instrument, um die finanziellen Verluste während und nach der Krise abzumildern.

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