Energiebedarf von Bussen und Bahnen bremsen

Bei allen Energieträgern ist Sparen angesagt. Zwei neue Verordnungen des Bundes regeln das mit Gesetzeskraft. Die Verkehrsunternehmen als Großverbraucher sehen sich darüber hinaus in der Pflicht. „Bei den Verkehrsunternehmen macht die Energie für den Fahrbetrieb mit elektrischen Bussen und Bahnen mehr als 80 Prozent des gesamten Bedarfes aus, Tendenz steigend“, sagt Tim Dahlmann-Resing, VDV-Vizepräsident und Sprecher des Vorstands der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg: „Da ist die günstigste Energie die, die man nicht verbraucht.” Ein VDV-Positionspapier nennt Vorschläge für mehr Energieeffizienz im ÖPNV.


Der ÖPNV ist zumindest auf Schienen seit über hundert Jahren überwiegend ein elektrischer Betrieb. Führt das jetzt in eine Sackgasse, weil auch Strom knapp wird?

» Tim Dahlmann-Resing: Auf keinen Fall, eher im Gegenteil. Neben unseren Straßenbahnsystemen sind wir ja gerade dabei, unsere Busflotten auf klimaneutrale Antriebe mit Batterieelektrik oder Strom aus Wasserstoff umzurüsten. Die gegenwärtige Energieknappheit ändert nichts daran, dass Elektrizität weiterhin der entscheidende Schritt in die Mobilitätswende bleibt. Und natürlich ist die Energieeffizienz der elektrischen Antriebe heute schon deutlich höher als bei Verbrennungsmotoren. Zudem kann elektrische Energie klimaneutral erzeugt werden.

Aber noch fahren tausende Dieselbusse durch die Netze ...

» Richtig, wir befinden uns bekanntlich in der Umstellungsphase, die noch einige Jahre dauern wird. Aber auch bei Diesel- und Gasbussen konnten seit Mitte der 1990er-Jahre durch eine stetige Verbesserung der Motorentechnik und des Nebenverbrauchermanagements die Verbräuche kontinuierlich gesenkt werden. Allerdings sind weitere effiziente systematische Optimierungen mit noch höheren Einsparpotenzialen bei den Verbrennern kaum noch möglich.

Wie hoch ist der Energiebedarf der Branchenunternehmen?

» Ein mittelgroßes Verkehrsunternehmen mit Straßenbahn- und Busbetrieb hat im statistischen Mittel einen Energiebedarf von 150 Gigawattstunden im Jahr. Davon gehen 83 Prozent in den Fahrbetrieb. Bei einem reinen Busunternehmen liegt der Energieverbrauch bei etwas weniger als der Hälfte, dann aber zu über 90 Prozent für den Einsatz der Flotte mit Dieselkraftstoff.

Lassen sich Einsparpotenziale ohne Einschränkungen des Fahrplans realisieren?

» Um das ganz klar zu sagen: Die Notwendigkeit, Energie einzusparen kann und darf nicht dazu führen, dass wir die Fahrpläne ausdünnen, denn pro Kopf ist der Energieverbrauch der Fahrgäste in Bussen und Bahnen deutlich niedriger als der von Autofahrenden. Es gibt aber in den Fahrbetrieben Möglichkeiten, weniger Energie zu verbrauchen, zum Beispiel bei der Netzeinspeisung, bei den Weichenheizungen oder der Steuerung von Fahrtreppen in U-Bahnhöfen. Auch der flächendeckende Einsatz energiesparender LED-Beleuchtung in Werkstätten, Tunneln und Bahnhöfen trägt erheblich zur Energieeffizienz bei. Außerdem: Moderne Schienenfahrzeuge und Elektrobusse erzeugen beim Bremsen durch die so genannte Rekuperation elektrische Energie, die zurück in das Netz oder in die Energiespeicher geht. Allein damit kann eine Energieeinsparung von zehn Prozent erreicht werden. Auch im Dieselbusbetrieb gibt es Effizienzsteigerungen, angefangen vom Eco-Modus in der Getriebesoftware bis zur Reifendruck-Kontrolle.

Müssen die Fahrer umlernen?

» Nicht umlernen, aber – sofern noch nicht geschehen – ihr Verhalten anpassen. In Nürnberg haben wir gute Erfahrungen mit Schulungen im energieeffizienten Fahren gemacht. Andere sicher auch. Es ist wie beim Autofahren, wo der Bleifuß den Spritverbrauch in die Höhe treibt. Energieeffizientes Fahren bei der Straßenbahn reduziert auch den Energieverbrauch: vorausschauendes Fahren etwa im Blick auf die Signalanlagen und die Verkehrssituation, behutsames Beschleunigen, ausrollen lassen in der Beharrungsfahrt. Außerdem empfehlen wir, auf besonderem Bahnkörper die Höchstgeschwindigkeit von 70 auf 60 km/h zu reduzieren, wo es sinnvoll ist. Im typischen Stadtverkehr sorgt das kaum für Verspätungen und bringt Energieeinsparungen von bis zu 15 Prozent.

Sie wollen aber, dass auch die Fahrgäste ihren Beitrag zur höheren Energieeffizienz leisten.

» Nicht nur wegen der aktuellen Krise sondern auch im Hinblick auf den Klimaschutz allgemein sollten wir alle Optionen zum Energiesparen in Betracht ziehen. So können wir Energie einsparen, wenn wir die Türen der Fahrzeuge geschlossen halten, solange es geht. Dabei halten wir die mit viel elektrischer Energie im Sommer gekühlte und im Winter beheizte Luft in den Fahrzeugen. Dazu wollen wir für die Fahrgäste bei einem Halt nicht immer alle Türen automatisch öffnen. Auch die Temperaturabsenkung in den Fahrzeuginnenräumen im Winter von 20 auf 15 Grad Celsius senkt den Energieverbrauch erheblich. Das klingt dramatisch, ist es aber nicht. Im Winter sind die Fahrgäste im ÖPNV mit Mänteln und Mützen unterwegs – da müssen wir in unseren Fahrzeugen nicht unbedingt Wohnzimmer-Temperaturen vorhalten. Der Effekt ist groß: Eine um fünf Grad geringere Temperatur in den Bahnen entspricht der Stromerzeugung eines mittleren Kraftwerks oder dem durchschnittlichen Verbrauch von 35.000 Haushalten in Deutschland.

Das Positionspapier

finden Sie unter:

bit.ly/positionspapier_energie

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