Innovationen
15.12.2020

Nicht nur sauber,
sondern nachhaltig

Damit wollen wir neben unserer lokalen auch eine globale Verantwortung wahrnehmen: ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer wirklichen grünen Mobilität und einem klimaneutralen Unternehmen.

Henrik Falk,
Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn

Ab 2021 müssen mindestens 45 Prozent aller neu anzuschaffenden Linienbusse „saubere“ Antriebe haben. So fordert es die Clean Vehicles Directive der EU. Davon muss wiederum die Hälfte emissionsfrei sein. Ab 2026 steigt diese Quote auf mindestens 65 Prozent. Die Hamburger Hochbahn hat zusätzlich Wert auf Nachhaltigkeitskriterien bei der Ausschreibung von 530 emissionsfreien Bussen gelegt.

Vor allem die großen deutschen Verkehrsunternehmen stellen derzeit die Weichen, um ihre Busflotten auf klimaschonende Antriebe umzustellen. Im Sommer hat die Hamburger Hochbahn drei Herstellern den Zuschlag für bis zu 530 emissionsfreie und klimafreundliche Busse erteilt, die zwischen 2021 und 2025 abgenommen werden. Mehr als 140 davon sollen schon in den kommenden beiden Jahren auf die Straßen kommen. Bis zum Ende des Jahrzehnts werden somit nach und nach mehr als 1.000 Busse klimaschonender und nachhaltiger.

In der bis dahin größten Ausschreibung für Elektrobusse in Deutschland hatte die Hochbahn als erstes Unternehmen auch Nachhaltigkeitskriterien angewendet, die sich mit zehn Prozent in der Gesamtbewertung der Angebote niederschlugen. „Damit wollen wir neben unserer lokalen auch eine globale Verantwortung wahrnehmen“, sagt Hochbahn-Chef Henrik Falk: „Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer wirklichen grünen Mobilität und einem klimaneutralen Unternehmen.“



Die Bewerber um den Großauftrag mussten Details zu den Nachhaltigkeitsrisiken angeben. Von den Abbaustätten relevanter Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium bis zur Endverwertung der Batterien forderte die Hochbahn Transparenz sowie die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards entlang der gesamten Batterie- und Brennstoffzellen-Lieferkette. „Dadurch, dass wir vergaberelevante Nachhaltigkeitskriterien verankern, die in Zukunft kontinuierlich weiterentwickelt werden, soll von Herstellern ein nachhaltigeres Lieferantenmanagement gefordert und damit gefördert werden“, erläutert Janina Heel, die bei der Hochbahn im Fachbereich Nachhaltigkeitsmanagement arbeitet.

Gemeinsame Kriterien entwickeln

Dadurch, dass wir vergaberelevante Nachhaltigkeitskriterien verankern, soll von Herstellern ein nachhaltigeres Lieferantenmanagement gefordert und damit gefördert werden.

Janina Heel,
Referentin für Nachhaltigkeitsmanagement bei der Hamburger Hochbahn

Die Kehrseite der klimafreundlichen Elektromobilität ist nämlich: Batteriebetriebene Fahrzeuge stehen aufgrund möglicher negativer Umweltfolgen bei der Gewinnung von Lithium sowie aufgrund von Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit beim Abbau von Kobalt, aber auch wegen der CO2-intensiven Batterieproduktion in der Kritik. Bislang gibt es kein Zertifikat für saubere Rohstoff-Lieferketten oder nachhaltig produzierte Batterien. Wenn es um die Beschaffung von Batteriebussen geht, will die Hochbahn gemeinsam mit anderen Verkehrsunternehmen – darunter der Stadtverkehr Lübeck und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) – Nachhaltigkeitskriterien europaweit entwickeln und harmonisieren. Ergebnis könnte ein europaweiter Standard sein. Für Verkehrsunternehmen, die auch Nachhaltigkeitsthemen in ihre Busbeschaffungen integrieren möchten, plant die Hochbahn in der ersten ­Jahreshälfte 2021 einen Informationsworkshop. Auch im Nachhaltigkeitsausschuss des VDV wurde das Thema schon vorgestellt. „Je stärker die Branche gemeinsam an einem Strang zieht, desto besser ist das Ergebnis für alle Beteiligten“, verdeutlicht Janina Heel: „Wenn sich die Branche auf einen gemeinsamen Standard und ein nachhaltiges Lieferantenmanagement verpflichtet, können auch international nachhaltige Lösungen etabliert werden.“ Die Hamburger Hochbahn hat jedenfalls schon mal vorgelegt. „Im Rahmen der Ausschreibung konnte so tatsächlich Transparenz bis zur Herstellung der Zellen gewonnen werden“, erläutert Markus Dietmannsberger, der bei der Hochbahn Projektleiter für die Umstellung auf ein emissionsfreies Bussystem ist. „Allerdings stellen die Offenlegung und der Durchgriff bis zu den Rohstoffminen beziehungsweise den Abbaustätten vielfach noch eine Herausforderung dar.“

Seit 2020 bestellt die Hamburger Hochbahn ausschließlich emissionsfrei angetriebene Busse.

Die Offenlegung und der Durchgriff bis zu den Rohstoffminen beziehungsweise den Abbaustätten stellen vielfach noch eine Herausforderung dar.

Markus Dietmannsberger, Projektleiter für die Umstellung auf ein emissionsfreies Bussystem bei der Hochbahn

Mit dem Großauftrag, der an die Hersteller Daimler Buses, MAN Truck & Bus und Solaris ging, wurden auch technische Spezifikationen festgelegt: Die garantierte Reichweite ohne Zwischen- oder Nachladung liegt je nach Hersteller bei Gelenkbussen zwischen 150 und 200 Kilometern sowie bei Solobussen sogar bei bis zu 250 Kilometern. Derzeit schaffen die 30 in Hamburg eingesetzten E-Solobusse 150 Kilometer. „Die Reichweite ist einer der entscheidenden Faktoren für den Einsatz der Batteriebusse“, erklärt Markus Dietmannsberger: „Mit den nun garantierten Werten können wir die Betriebsabläufe gut abbilden und haben kaum Produktivitätseinbußen im Vergleich zum herkömmlichen Dieselbus.“ Neben der Reichweite ist die Verfügbarkeit der Fahrzeuge das zweite wichtige Kriterium. „Die Verfügbarkeit nähert sich ebenfalls dem Niveau, das wir für alle unsere Fahrzeuge festlegen.“

Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Hochbahn ihre Dieselbusse ausmustern und ihre Flotte komplett auf emissionsfreie Antriebe umstellen. Seit 2020 bestellt das Unternehmen ausschließlich emissionsfrei angetriebene Busse. Neben Batteriebussen wird das Unternehmen auch Brennstoffzellenbusse anschaffen. Hierzu läuft aktuell eine Ausschreibung für 50 Fahrzeuge für die Jahre 2021 bis 2025.

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