Verkehrspolitik
21.12.2022

Durchbruch für
das Deutschland-Ticket

Der 1. April 2023 ist als Starttermin noch erreichbar: Bund und Länder haben im Dezember eine Einigung darüber erzielt, wie das Deutschland-Ticket zu finanzieren ist. Wann es losgeht, hängt jedoch nicht nur von der Finanzierungszusage ab, sondern auch von einer Reihe weiterer Faktoren. Schließlich geht es um einen dauerhaften und kompletten Wechsel im Tarifsystem des deutschen ÖPNV.

Jetzt hat die Branche die nötige Finanzierungssicherheit, um das Deutschland-Ticket so schnell wie möglich umzusetzen.

Oliver Wolff,
VDV-Hauptgeschäftsführer


Bund und Länder tragen im ersten Jahr jeweils zur Hälfte alle Kosten, die mit dem Deutschland-Ticket verbunden sind – auch über die drei Milliarden Euro hinaus, die als Verlust bei den Fahrgeldeinnahmen erwartet werden. Das ist der Kern der Einigung zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung des Tickets. Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sowie Bundeskanzler Olaf Scholz hatten diese Lösung erzielt, nachdem zuvor die Verkehrsministerinnen und -minister der Länder die hälftige Finanzierung inklusive möglicher Mehrkosten beschlossen hatten. „Jetzt hat die Branche die nötige Finanzierungssicherheit, um das Deutschland-Ticket so schnell wie möglich umzusetzen“, sagt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Die Verhandlungen zur Finanzierung seien „sehr anspruchsvoll, aber auch von gegenseitigem Respekt“ getragen gewesen, so Wolff: „Nicht übersehen werden sollte aber, dass auch die fachlichen Anforderungen von Bundesminister Dr. Wissing eine Herausforderung für die Branche sind, gleichzeitig aber in die richtige Richtung gehen.“ Optimierung bei Kosten und Strukturen sowie die Umsetzung der Digitalisierung seien richtige Forderungen, die die Branche während der Einführungsphase des Tickets umsetzen müsse. „Ansonsten werden die Finanzierungsverhandlungen in der Zukunft nicht einfacher“, betont Oliver Wolff: „Dies sollten alle sehr ernst nehmen. Am Ende freuen wir uns aber auf die weitere Zusammenarbeit und sind dankbar für den inhaltsgetriebenen Diskurs.“

Als nächster möglicher Starttermin wird nun der 1. April 2023 angepeilt. Nach Einschätzung des VDV ist dies machbar, wenn bestimmte Schritte umgesetzt werden – vor allem in der Gesetzgebung. Der VDV nannte unter anderem die Anpassung des Regionalisierungsgesetzes und die Zustimmung der Europäischen Union zu beihilferechtlichen Fragen. Zudem müssen die Tarife von zahlreichen Behörden vor Ort entsprechend genehmigt werden. „Alternativ kann das auf Bundesebene erfolgen“, so Oliver Wolff: „Dann muss dies allerdings im Bundestag und im Bundesrat beschlossen werden.“ Zudem müssten die Länder die Voraussetzungen in ihren Haushalten schaffen.

Fest steht: In der gesamten Branche sind erhebliche Veränderungen notwendig, um ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket anbieten zu können. Denn, so der VDV-Hauptgeschäftsführer: „Wir reden hier, anders als beim 9-Euro-Ticket, nicht über ein befristetes Angebot als Sonderaktion, sondern über einen dauerhaften und nahezu kompletten Systemwechsel im gesamten deutschen ÖPNV-Tarif.“ Dementsprechend sehen sich die einzelnen Verkehrsunternehmen und Verbünde vor großen technischen und vertrieblichen Herausforderungen.

Konkret stehen folgende Hausaufgaben an:

  • Tarifbestimmungen: Bisher dominieren regionale Strukturen. Erforderlich ist ein Paradigmenwechsel hin zu einheitlichen Tarifbestimmungen für das Deutschland-Ticket. Hier stehen Diskussionen zu einzelnen Punkten sowie Abschätzungen zu den Auswirkungen auf bisherige Produkte an.
  • Vertrieb: Die Politik fordert, den Bestellprozess zügig vollständig zu digitalisieren, kundenfreundlich und ohne Vorlaufzeiten bei Bestellungen. Dazu gilt es, technische Prozesse anzupassen. Voraussichtlich muss das Deutschland-Ticket zu Beginn auch noch in Papierform ausgegeben werden.
  • Bundesweite Kontrollierbarkeit: Die Branche arbeitet bereits mit Hochdruck daran, die Anforderungen an ein deutschlandweit gültiges Ticket mit Blick auf die Ausgabe und Kontrolle zu definieren.
  • Hard- und Softwareumstellung: Oft reicht ein schlichtes Software-Update nicht aus. Dann muss die technische Umstellung beauftragt werden, und das kostet Zeit und Geld.
  • Sachgerechte Verteilung der Einnahmen: Dieser Punkt muss ab dem ersten Tag geklärt sein, an dem das Deutschland-­Ticket gilt.
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