Aus dem Verband

Schienengüterverkehr benötigt „Fair Play“

Ungleiche Bedingungen im Wettbewerb mit dem Lkw, zusätzliche Kosten und schwache Margen: Der Druck auf den Schienengüterverkehr hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschärft. Der VDV fordert von der Politik mehr Fairness für die Güterbahnen. Die wollen unterdessen selbst wieder das Heft in die Hand nehmen und ihre Produktivität steigern.

Den Akteuren des Schienengüterverkehrs treibt es zunehmend Sorgenfalten auf die Stirn: In den vergangenen Jahren haben sich für die 150 Mitglieds­unternehmen des VDV, die in diesem Bereich aktiv sind, die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert. Die Folge: Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur ist bei den Güterbahnen das Betriebsergebnis pro Tonnenkilometer weiter ins Minus gerutscht. Zwischen 2014 und 2015 ging es von minus 0,07 auf minus 0,17 Cent zurück. „Die Situation hat sich auch im vergangenen Jahr nicht entspannt“, erläutert Hans-Steffen Kerth, beim VDV Fachbereichsleiter Ordnungspolitik im Eisenbahnverkehr und Koordinator der Sparte Schienengüterverkehr. „Für die benötigten Investitionen und Innovationen fehlt den Unternehmen die Ertragskraft.“ Seit mehreren Jahren stagniert der Anteil der Schiene am gesamten Güterverkehr zu Lande zwischen 17 und 18 Prozent.

1 Milliarde

Mehr als diesen Eurobetrag zahlen die Eisenbahnunternehmen im Personen- und Güterverkehr jedes Jahr allein für Energiesteuern und Umlagen.

Und das, obwohl der Schienengüterverkehr als klimafreundlicher und effizienter Verkehrsträger, der die Straßen entlastet, eigentlich politisch und gesellschaftlich gewollt ist. Doch zwischen den guten Absichten und den Fakten tut sich eine große Lücke auf. Auf der Kostenseite – etwa durch höhere Trassenpreise und die EEG-Umlage – geraten die Güterbahnen zunehmend ins Hintertreffen gegenüber dem Lkw und dem Binnenschiff. Jedes Jahr zahlen die Eisenbahnunternehmen im Güter- und Personenverkehr mehr als eine Milliarde Euro allein an Energiesteuern und Umlagen. Seit 2012 hat sich etwa die Belastung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Schienenverkehr in Deutschland vervierfacht. Dass diese energie- und klimapolitischen Instrumente ausgerechnet den Schienenverkehr einseitig und zunehmend belasten, sei „verkehrs-, umwelt- und energiepolitisch absurd“, sagt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Wenn das so weitergeht, wird es den Schienengüterverkehr in Deutschland nicht mehr lange geben.“

Foto: Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH (evb)

Zusätzlich benachteiligt sieht sich die Branche durch regulatorische Eingriffe europäischer und nationaler Gesetzgeber. Beispiel Nutzungsgebühren für die Verkehrswege: Während Güterbahnen für jeden Kilometer, den sie auf der Schiene zurücklegen, Trassenpreise zahlen müssen, wird die Lkw-Maut in Deutschland nur auf knapp sieben Prozent des Straßennetzes erhoben – und ist zudem Anfang 2015 noch um fast acht Prozent gesenkt worden. Gleichzeitig würden an den Schienengüterverkehr immer höhere Anforderungen gestellt, kritisiert Oliver Wolff. Dazu zählt vor allem der Lärmschutz an den Strecken und bei den Güterwagenbremsen.

Mehr Güter auf die Schiene bringen und die Produktivität erhöhen: Bei einem der acht angeregten Projekte geht es darum, den Informationsaustausch zu Umschlagstellen und deren Betreibern zu verbessern und kombinierte Verkehre auf der ersten und der letzten Meile zusammenzuführen.

Foto: Wanne-Herner Eisenbahn und Hafen GmbH

Zusammen mit ihrem Verband fordern die rund 150 im VDV organisierten Güterbahnen deshalb von der Politik faire Wettbewerbsbedingungen und ergreifen auch selbst die Initiative. Acht Projekte sollen umgesetzt werden, um die Produktivität des Schienengüterverkehrs zu steigern. Dazu zählen die durchgängige Fahrbarkeit von zunächst 740 Meter und später 1.500 Meter langen Güterzügen im deutschen Schienennetz, die Digitalisierung von Güterwagen, die weitere Elektrifizierung von Schienenstrecken sowie das automatisierte Fahren im Rangierbetrieb und bei Verteilverkehren auf der „letzten Meile“. Einige Maßnahmen sollen mittelfristig in drei bis fünf Jahren umgesetzt werden. Andere Projekte – etwa bei der Eisenbahninfrastruktur – werden jedoch längere Zeit benötigen. Seine Projekte stimmt der VDV auch mit dem europäischen Eisenbahnverband CER ab. Der sucht seinerseits nach europaweit interoperablen Lösungen, die die Wettbewerbssituation des europäischen Schienengüterverkehrs verbessern sollen. Oliver Wolff bekräftigt: „Mit unserer Produktivitätsoffensive wollen wir und unsere Unternehmen die Entwicklung der Branche wieder stärker selber in die Hand nehmen und beeinflussen.“

Weitere Informationen zum ­Schienengüterverkehr finden Sie unter:
www.vdv.de/schienengueterverkehr.aspx





Broschüre wirbt für mehr Fairness

Der Lkw-Verkehr wächst weiter, während der Schienengüterverkehr ein Stiefkind der Verkehrspolitik bleibt. Diese VDV-Broschüre verdeutlicht die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Straße und Schiene. Sie zeigt, welche gesellschaftlichen Vorteile ein stärkerer Transport von Gütern per Bahn mit sich bringt, und benennt Maßnahmen für mehr Fairness im Wettbewerb der Verkehrsträger.

Hier können Sie sich die Broschüre herunterladen:


https://www.vdv.de/zeitschriften---broschueren.aspx


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