„Auf dieser Basis müssen wir liefern“

Nach dem Klimakabinett ist vor der Verkehrswende – und die gelingt nur mit starken Bussen und Bahnen. Das war eines der Themen beim diesjährigen VDV-Verbandsbeirat. Die Politik hat den Finanzierungsrahmen geschaffen. „Auf dieser Basis müssen wir liefern“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Voraussetzung seien jedoch auch mehr personelle Kapazitäten bei den Unternehmen und den Genehmigungsbehörden. Zudem müsse das standardisierte Bewertungsverfahren, das über den volkswirtschaftlichen Nutzen von Investitionsvorhaben befindet, geändert werden.

Diskussion über den Verkehrsträger Eisenbahn: Christian Jung (FDP), Matthias Gastel (Grüne), Enak Ferlemann (BMVI), Veit Salzmann (VDV) und Moderator Dieter Fockenbrock (Handelsblatt)
(v. l. n. r.)

Angesichts der Diskussion um Jahrestickets zum Preis von 365 Euro, erhöhter Anschaffungskosten von batterieelektrischen Bussen sowie verdichteter Takte und neuer Linien bewegt sich der Nahverkehr im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und den Erfordernissen der Verkehrswende. „Bei etwas so Symbolträchtigem wie dem 365-Euro-Ticket wird es schwer für Tarifsteigerungen“, sagte Jürgen Barke, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes – diesjähriger Gastgeber des VDV-Verbandsbeirats. „Wer die Verkehrswende haben will, sollte jetzt kein 365-Euro-Ticket einführen“, betonte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Über die Ticketeinnahmen müsse ein wesentlicher Teil der Betriebskosten gedeckt werden. „Der Steuer-Euro wäre besser für den Angebotsausbau ausgegeben“, so Wortmann. Starke Busse und Bahnen seien die Voraussetzung für die Verkehrswende. Tarife seien ohnehin „nicht das entscheidende Kriterium, sondern das Angebot“, betonte Tim Dahlmann-Resing. Der Vorstand der VAG Nürnberg unterstrich: „Zuverlässigkeit und Beförderungsqualität sind die entscheidenden Fragen, die uns mehr Fahrgäste bringen.“ Wo vergleichbare Tickets eingeführt wurden, hätten sie keine signifikanten Fahrgaststeigerungen mehr gebracht – auch nicht in Wien, wo vor der Einführung des 365-Euro-Tickets der Öffentliche Verkehr massiv ausgebaut wurde. Alois Rainer von der AG Verkehr und digitale Infrastruktur der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hob hervor: „Im ländlichen Raum nutzt es wenig, den Preis nach unten zu drücken.“ Stattdessen müsse der Nahverkehr attraktiver werden. Die soziale Bedeutung eines 365-Euro-Tickets hob Andreas Wagner (Linke) hervor. Der Sprecher für ÖPNV und Fahrradmobilität sieht in diesem Angebot eine „Maßnahme zur Familienförderung“. Doch wie sollen solche Angebote finanziert werden? Arno Klare, für die SPD in der AG Verkehr und digitale Infrastruktur sowie in der AG Kommunalpolitik, forderte „deutlich, deutlich mehr Geld. Wenn es dazu keine Mehrheit im Bundestag gibt, werden wir auch die Klimaziele nicht erreichen.“

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Zweiter inhaltlicher Schwerpunkt war die Eisenbahn: Wie können die Fahrgastzahlen verdoppelt und der Marktanteil im Güterverkehr gesteigert werden – und wo steht die Branche? Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, bedauerte, dass es im Schienengüterverkehr seit 40 Jahren kaum echte Innovationen gebe. „Deswegen brauchen wir die Digitale Automatische Kupplung.“ Die DAK sei ähnlich erfolgreich einzuführen wie die Flüsterbremse. Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik bei Bündnis90/Die Grünen, forderte mehr Geld und mehr Tempo bei der Digitalisierung der Schiene: „Das Starterpaket reicht noch nicht.“ FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung war eher skeptisch, dass die Versprechen bis 2030 zu halten sind – wegen der Infrastruktur und fehlender Kapazitäten. Dem widersprach Veit Salzmann, VDV-Vizepräsident für den Personenverkehr mit Eisenbahnen: „Die Branche ist mit den finanziellen Mitteln ausgestattet worden, um aufzuholen.“ Erstmals bestehe die Möglichkeit, nachhaltig ins System zu investieren.

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