Innovationen
14.06.2022

Heimliche Hauptstadt an der Hase

Hamburg, Berlin und Köln sind in Deutschland die drei Top-Metropolen, was die Anzahl ihrer rein elektrisch betriebenen Busse anbelangt. Danach folgt Osnabrück. Trotzdem gilt die niedersächsische Stadt als so etwas wie die E-Bus-Hauptstadt der Republik – wenn man die Zahl der batteriebetriebenen Fahrzeuge ins Verhältnis zu den herkömmlichen Verbrennern in der Flotte setzt.

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Gelenkbusse

mit elektrischem Antrieb setzen die Stadtwerke Osnabrück seit Anfang des Jahres auf ihren Metrobuslinien ein. Damit ist die niedersächsische Großstadt deutschlandweit nach der Quote führend bei der Umstellung auf E-Busse.


Die Hasestraße ist mehr als eine zentrale Verkehrs­achse in Osnabrück. Nach dem Nebenfluss der Ems benannt, durchquert sie den nördlichen Teil der Innenstadt. Hier wird ein Stück Mobilitätswende sichtbar: eine Art Paradestrecke für den elektrischen ÖPNV auf der Straße. Seit November fahren auf der Hasestraße mit den beiden Linien M 1 und M 5 ausschließlich batteriebetriebene Busse. Für Oberbürgermeisterin Katharina Pötter steht fest: „Die E-Busse sind ein bedeutender Baustein für eine moderne, attraktive und nachhaltige Stadt – und somit für die Lebensqualität in Osnabrück.“

Zum Beginn des laufenden Jahres legten die Stadtwerke Osnabrück (SWO) nach. Nun fahren auf allen fünf Metrobus-Achsen von M 1 bis M 5 nur noch E-Gelenkbusse. Für die Stadt ist das ein Meilenstein auf dem Weg zu einem komplett elektrisch betriebenen Busverkehr, der ab Mitte der 2020er-Jahre angestrebt wird. „Da, wo wir fahren, haben wir nicht wenig Emissionen, sondern fast gar keine“, lautet das Credo von SWO-Vorstand Dr. Stephan Rolfes, der in Osnabrück die öffentliche Mobilität verantwortet. Und damit meint er nicht nur CO2, sondern auch Lärm. „Die Anlieger an den Strecken sagen: Es ist viel leiser geworden, und es stinkt bei uns nicht mehr.“ Auch Radfahrer und Fußgänger können durchatmen.

Osnabrücks Oberbürgermeisterin ­Katharina Pötter und Stadtwerke-­Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes mit zwei E-Gelenkbussen, die auf den Linien M 1 und M 5 verkehren.

62 E-Gelenkbusse des Herstellers VDL wurden dafür angeschafft. Im Jahr 2018 hatten sich die Stadtwerke Osnabrück für die Niederländer als Systemlieferant entschieden. Die ersten 13 E-Busse für die Linie M 1 wurden gefertigt, die Ladeinfrastruktur auf dem Betriebshof und an den Endhaltestellen der fünf Metrobuslinien errichtet sowie zahlreiche Schulungen und Testfahrten absolviert. Als erste elektrisch bediente Linie ging die M 1 im März 2019 in Betrieb. „Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge stand der von Dieselbussen von Anfang an in nichts nach“, bilanziert Stephan Rolfes zufrieden. Im Oktober 2018 traf der erste E-Bus auf dem Betriebshof in der Nähe der Stadtwerkezentrale ein. Der letzte kam pünktlich kurz vor dem jüngsten Jahreswechsel.

Jeder neue E-Bus ersetzte einen Diesel

Die grünen Riesen machen Osnabrück zum Vorreiter bei der Umstellung von Diesel- auf Batteriebusse – und zur „E-Bus-Hauptstadt“ Deutschlands. Zwar hatten Hamburg (159), ­Berlin (137) und Köln (113) deutlich mehr Fahrzeuge mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb zum Jahresende 2021 im Bestand. Aber die Mischung zwischen alternativen und herkömmlichen Antrieben – also das Verhältnis von Flottengröße zu E-Bussen – gibt den Ausschlag. Dass Osnabrück bei der Umstellung bundesweit führt, ist sogar parlamentarisch „belegt“. Eine entsprechende Antwort gab die Vorgänger-Bundesregierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen zum Bestand und zur Förderung von Elektrobussen.

Die Reichweiten der E-Busse genügen den Stadtwerken vollkommen: Zusätzliche Fahrzeuge, Umläufe und Mitarbeitende im Fahrdienst waren nicht vonnöten. Für jeden neuen E-Gelenkbus wurde in Osnabrück ein Diesel aus dem Verkehr gezogen. „Ein enormer Effekt für eine bessere Luftqualität in unserer Stadt“, so Oberbürgermeisterin Katharina Pötter. Bestand die SWO-Flotte noch 2017 bis auf ein elektrisch betriebenes Einzelstück aus 93 Verbrennern, wurde diese Zahl auf inzwischen 33 verringert. Somit werden nun über 65 Prozent der Fahrzeugkilometer emissionsfrei zurückgelegt. Mit diesem hohen Anteil von elektrischen Fahrzeugen an der Gesamtflotte liegt die deutsche E-Bus-Hauptstadt im europäischen Vergleich auf Platz zwei. Laut „Assured Clean Bus Report“, in dem der internationale Verkehrsverband UITP einen Überblick über europäische Elektrobusprojekte gibt, rangiert Osnabrück hinter der niederländischen Region Amstelland-Meerlanden, wo „Connexxion“ mit einem E-Bus-Anteil von 70 Prozent unterwegs ist. Den dritten Platz belegt das polnische Jaworzno (62 Prozent).

Mit der Umrüstung auf den Elektroantrieb tun die SWO nicht nur viel Gutes für ihre Stadt, sondern auch für die Umwelt und den Klimaschutz. Vier Millionen Kilowattstunden grünen Strom haben die E-Busse im vergangenen Jahr „getankt“. Dieselbusse hätten umgerechnet mehr als 1,1 Millionen Liter Kraftstoff benötigt. Zum 30. Juni dieses Jahres wird die E-Gelenkbusflotte voraussichtlich die Gesamtfahrleistung von knapp fünf Millionen Kilometern hinter sich haben. „Geladen mit Grünstrom aus der Region“, erläutert SWO-Mobilitätsvorstand Stephan Rolfes. Aber dem Stadtwerke-Vorstand kommt es nicht nur darauf an, dass ein Fahrzeug gut fährt. „Es muss auch den Fahrgästen Spaß machen.“ Deswegen wurde viel Wert auf das Design und die Innenausstattung gelegt. „Osnabrück ist rundum schöner und nachhaltiger geworden“, erklärt er und blickt zuversichtlich nach vorne: „Die Zukunft wird wunderbar, was Mobilität angeht – sowohl für die Menschen als auch für die Städte.“

Mehr zum Thema finden Sie unter:

www.swo.de/e-bus und www.swo.de/blog
sowie bit.ly/ASSURED

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