08.05.2018
Hintergrund

Klick und weg

App öffnen, Haltestelle auswählen, einsteigen, fertig: Seit Anfang März testet der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) einen neuen elektronischen Tarif, der den Kunden vieles erleichtern soll. Aktuell sind rund 8.000 Kunden bei „Nextticket“ registriert. Auch „VDV Das Magazin“ hat mitgemacht.


Ein Freitagmittag im April, Hauptbahnhof Gelsenkirchen. Zusammen mit VRR-Pressesprecher Dino Niemann warte ich als „VDV Das Magazin“-Redakteurin auf die Regionalbahn, die uns nach Bochum bringen soll – eine Fahrt durch zwei Tarifzonen im VRR-Gebiet. Bislang noch ohne Ticket, dafür aber mit der Nextticket-App auf dem Handy, die ich mir am Vortag runtergeladen und für die ich mich als Testnutzer registriert hae. „Wir wollen vor allem Gelegenheitskunden den Zugang zum ÖPNV erleichtern“, erklärt Dino Niemann den Hintergrund des neuen Systems. Also all jenen, die weder Monats- noch Jahresticket haben und die die Angebote des VRR nicht täglich nutzen.

Ich zücke mein Smartphone und öffne die Anwendung, die nach gut einjähriger Entwicklungszeit seit März in den Appstores erhältlich ist. Ein Klick auf das „Check-in“-Symbol und dann auf die Haltestelle „Gelsenkirchen Hbf“ (siehe auch Bilderstrecke). Die Voreinstellungen passen: ein Erwachsener, Zweite Klasse. Einmal auf „OK“ gedrückt – das Ticket ist gekauft. Das ging schnell, und als der Abellio-Zug nur wenige Sekunden später an Gleis 25 einfährt, steige ich mit gültigem Ticket ein. Der Vorteil für VRR-Gelegenheitskunden: Sie müssen nicht überlegen, ob sie ein Ticket der Preisstufe A oder B benötigen oder vielleicht doch nur eine Kurzstrecke. Das berechnet die App später automatisch.

Zweite Testphase startet im Juni

Der Zug fährt los. „2,70 Euro“ stehen als aktueller Preis am ersten Haltbahnhof im Display. Bei Bochum-Hamme springt er auf 5,90 Euro – wir haben die Grenze zu Stufe B überquert. Noch gelten auch beim VRR-Nextticket die bekannten Tarife, sagt Pressesprecher Niemann. Am1. Juni soll jedoch die zweite Testphase starten. Auch dann checken die Fahrgäste vor dem Einstieg ein, die Abrechnung soll aber kilometergenau erfolgen. 20 Cent pro gefahrenem Kilometer sind geplant, zuzüglich eines Festpreises von 1,40 bis 1,45 Euro pro Fahrt. Bei 15,30 Euro soll eine Preisbremse greifen – analog zum Einzelticket der teuersten Preisstufe D.

Der Test zeigt uns, dass die Fahrgäste die Tarifidee gut annehmen und innovationsbereit sind.

Dino Niemann, VRR-Pressesprecher

Im oberirdischen Regionalzug funktioniert die App jedoch tadellos. Mittlerweile haben wir den Bochumer Hauptbahnhof erreicht – Endstation. Ich klicke in der App auf „Auschecken“. Der Endpreis wird angezeigt: weiterhin 5,90 Euro. Damit habe ich gerade eine der insgesamt über 17.000 Fahrten zurückgelegt, die die Tester in den ersten zwei Monaten über Nextticket gebucht haben. Und als Ortsfremde gefällt mir der unkomplizierte Ticketkauf, der sich innerhalb weniger Sekunden erledigen lässt. Wie es mit dem System jedoch weitergeht, ist noch offen. Bis Ende August läuft der Test. Über das weitere Vorgehen wollen die VRR-Unternehmen sowie die Politik ab Herbst entscheiden. Niemann: „Wir legen mit dem Praxistest die Grundlage, um zukünftig Tarifgrenzen innerhalb des VRR sowie zwischen den Verbünden für die Kunden unwichtiger werden zu lassen.“

„Die Resonanz ist gut“

„Insgesamt wird es ein gerechterer Tarif“, ist Niemann überzeugt. „Und mit dem Test wollen wir herausfinden, wie er angenommen und unter welchen Voraussetzungen er genutzt wird.“ Die Resonanz sei so gut, „dass die angestrebten Nutzerzahlen zur Auswertung des Pilotprojekts erreicht werden“. Zudem läuft eine begleitende Marktforschung unter circa 3.000 Teilnehmern – die Rücklaufquote der Fragebögen liegt bei über 50 Prozent. Niemann ist zufrieden: „Das zeigt uns, dass die Fahrgäste die Tarifidee gut annehmen und sich einbringen. Auch auf technischer Seite laufe der Test gut – selbst wenn hier noch die Datenqualität erhöht werden soll. Etwa in den unterirdischen Stationen der U-Bahnen, in denen das Einchecken wegen des fehlenden oder schlechten GPS-Signals nicht immer funktioniert. Die Haltepunkte wurden deswegen mit sogenannten Beacons ausgestattet, die die Standortermittlung per Bluetooth ermöglichen. Wer dies nicht nutzen will, sollte am besten schon vor Betreten der U-Bahnstation einchecken.


Einchecken

Per GPS ermittelt die Nextticket-App direkt beim Öffnen den Standort des Nutzers. Alle infrage kommenden Haltestellen werden in einer Liste dargestellt, aus der der Nutzer seinen Einstiegsort auswählt. Zudem kann er für bis zu vier erwachsene Mitreisende ein Ticket erwerben.

Bestätigen

„VDV Das Magazin“-Redakteurin Elena Grawe klickt auf OK; der Ticketkauf ist abgeschlossen. Noch verharrt der Preis bei null Euro. Wer doch nicht fahren will, kann direkt wieder auschecken. Erst, wenn bis zum Check-out tatsächlich eine Strecke zurückgelegt wurde, fallen Kosten an.

Unterwegs

Während der Fahrt kann sich der Nutzer über den aktuellen Fahrpreis informieren. Dies wird vor allem dann interessant, wenn die Testphase zwei mit kilometerbasierter Abrechnung startet. Laut VRR soll der neue Tarif den alten indes nur ergänzen – nicht ersetzen.

Check-out

Nach jeder Fahrt checkt der Nutzer aus. Der angegebene Fahrpreis ist nur vorläufig. Sollten an diesem Tag etwa noch weitere Fahrten hinzukommen, verbucht die App automatisch ein 24-Stunden-Ticket. Die Abrechnung fällt entsprechend günstiger aus.


Der VRR ist nicht einzige E-Ticket-Anbieter. Eine Auswahl stellt er auf seiner Website vor:


www.nextticket.de

Das könnte Sie ebenfalls interessieren