Aus dem Verband

„Die gemeinsamen Kunden nicht im Regen stehen lassen“

Vielfältig und bunt: So sieht die Mobilitätswende aus. Im Verkehrsmittelmix werden Sharing-Angebote und Ridepooling ihre Marktanteile ausbauen – und den ÖPNV auf den ersten und letzten Meilen ergänzen. Doch wie sieht die Vernetzung in der Praxis aus, etwa in organisatorischen, politischen und rechtlichen Fragen? An Konzepten und Lösungen arbeitet das VDV New Mobility Forum: ein Werkstatt-Bericht.

Das Sharebike hat einen Platten, der On-demand-Shuttle verspätet sich wegen Stau oder kommt gar nicht. Auch in der neuen Welt der multimodalen Mobilität können altbekannte, ganz profane Probleme auftauchen. Besonders unangenehm für den Reisenden wird es, wenn er dadurch etwa seinen ICE mit Zugbindung oder einen Termin verpasst. Wer ist in solchen Fällen Ansprechpartner, wenn es um weitere Informationen oder Schadenersatzansprüche geht? Klar ist: „Wir dürfen unsere gemeinsamen Kundinnen und Kunden nicht im Regen stehen lassen“, sagte Dr. Till Ackermann vom VDV. Mit diesen Worten stimmte der Fachbereichsleiter für Volkswirtschaft und Business Development die Teilnehmer eines Workshops ein, zu dem sich das VDV New Mobility Forum erstmalig traf. Die Plattform hat sich im Juni 2019 mit dem Ziel gegründet, dass sich die Anbieter neuer Mobilitätsangebote mit dem VDV und den Verkehrsunternehmen austauschen und die künftige Mobilität voranbringen.

Zwar stehen vor allem die Anbieter von Sharing-Fahrzeugen und Ridepooling untereinander und teilweise auch mit den „klassischen“ ÖPNV-Unternehmen im Wettbewerb, jedoch zählen Partnerschaft und Kooperation beim Aufbau funktionierender multimodaler Reiseketten zu den Schlüsselvoraussetzungen. Davon lebte auch der Austausch während des Workshops. Die Moderation der Arbeitsgruppen und die Präsentation ihrer Ergebnisse übernahmen Anne Klein-Hitpaß von der Agora Verkehrswende, Dr. Claudia Nobis vom Deutschen Luft und Raumfahrtzentrum (DLR) sowie Prof. Volker Blees von der Hochschule Rhein-Main.

Über eine gemeinsame Plattform buchen

Drei Themen wurden von Impulsvorträgen eingeleitet und dann in jeweils drei Gruppen bearbeitet. Zunächst ging es um die Anforderungen an durchgängige Reiseketten – mit Blick auf die Kundenwünsche, den Service und die Geschäftsmodelle. Eine gemeinsame Buchungsplattform, die durchgehend Informationen, Ticketing und einfaches Bezahlen ermöglicht, wurde dabei ebenso erörtert wie zentrale Ansprechpartner im Störungsfall und gemeinsame Schnittstellen. Als Koordinationspartner einer solchen Plattform wurde die öffentliche Hand ins Spiel gebracht. Sie müsse ohnehin Ziele in der kommunalen Verkehrspolitik definieren. Knackpunkte bleiben jedoch spontane Reisewünsche und letztlich die Frage, wie das alles finanziert werden kann. Alle Anregungen zu Kundenwünschen bei durchgängigen Reiseketten mündeten in einen gemeinsamen Konzeptvorschlag, der nach dem Workshop weiter ausgearbeitet wurde.

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Anbieter sind bereit, ihre Daten zu teilen

Wie bei den neuen Mobilitätsangeboten Nachfrage und Nutzung aussehen und wie sie sich messen lassen, war der zweite Schwerpunkt. Wie kann eine gemeinsame Datengrundlage geschaffen werden, und welche Daten benötigen die Städte in welchem Rhythmus? Die Teilnehmer zeigten sich durchaus bereit, von ihnen gesammelte Daten mit den Kommunen zu teilen. Grenzen setzen jedoch der Datenschutz und der Wettbewerb. Zudem sollte nachvollziehbar sein, welchen Nutzen die geteilten Daten den Städten bringen. Von den Kommunen wiederum wünschten sich Mobilitätsanbieter eine höhere Kompetenz rund um das Thema Daten.

Im dritten inhaltlichen Block ging es um das sogenannte Curbside-Management – die digital unterstützte, intelligente Nutzung des öffentlichen Raums. Parkplätze für den Individualverkehr könnten beispielsweise in digital gemanagte Multifunktionsflächen umgewandelt werden. Die könnten zeitlich begrenzt dem Lieferverkehr zur Verfügung stehen und später von Ridepooling- oder Sharing-Fahrzeugen genutzt werden. Auf diese Weise könnten die knappen Flächen in den Innenstädten wesentlich effizienter genutzt werden – von mehr Menschen und für unterschiedliche Zwecke. Hier gelte es, so die Teilnehmer, zunächst ein Bewusstsein für den Wert des öffentlichen Raums zu schaffen. Letztlich müsse die dynamische Nutzung von öffentlicher Seite so gesteuert werden, dass alle Beteiligten ihren Service sicher und verlässlich anbieten können. Hier arbeiteten die Workshop-Teilnehmer Empfehlungen aus, beispielsweise wie Kommunen neue Mobilitätsangebote und damit auch die Verkehrswende vor Ort unterstützen können.
„Wir werden einen zweiten Workshop vorbereiten und die angesprochenen Themen weiter bearbeiten“, kündigte Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik beim VDV, an. Erste Ergebnisse sollen zum VDV-Symposium zur Multimodalität vorliegen, das am 24. und 25. März 2020 in Hannover stattfindet. Dieses wird von der VDV-Akademie vorbereitet und veranstaltet. Zudem wird der VDV zum Thema New Mobility auf seiner Jahrestagung vom 8. bis 10. Juni 2020 in Leipzig sowie auf der Innotrans Veranstaltungen anbieten. Auch der Netzauftritt des VDV New Mobility Forums wurde aktualisiert. Dort gibt es interaktive Karten, die einen Überblick geben, in welchen Städten es welche Angebotsform von New Mobility gibt.

Weitere Informationen dazu:
www.vdv.de/new-mobility-projekte.aspx

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