Personal
21.12.2022

Arbeitskräfte im Ausland finden

„Das Eckpunktepapier ist ein Schritt nach vorn und kommt keinen Tag zu spät.“ Mit diesen Worten unterstreicht VDV-Vizepräsident Werner Overkamp, wie wichtig der Modernisierungsansatz der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung ist. Ende November 2022 stellte das Kabinett sein Papier vor. Ziel ist es, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt aus Drittstaaten zu erleichtern.



Demnach sollen Fachkräfte nicht nur in den Bereichen arbeiten dürfen, für die sie eine Qualifikation vorweisen können. Vielmehr dürfen sie auch dann einreisen, wenn sie Berufserfahrung haben – selbst ohne Abschluss. Außerdem soll Migrantinnen und Migranten, die nicht aus der EU stammen, grundsätzlich der Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet werden, wenn sie in einem Punktesystem wesentliche Kriterien erfüllen. Dazu zählen Qualifikation, Sprache und Berufserfahrung. Das Stichwort heißt „Chancenkarte“.
Der VDV begrüßt die geplanten Maßnahmen, zumal die Zeit drängt: Allein im ÖPNV scheiden bis zum Jahr 2030 rund 74.000 Mitarbeitende altersbedingt aus. „Hinzu kommen 110.000 Mitarbeitende, die für den Aufwuchs des Bus- und Bahn-Angebotes und damit für die angestrebte Mobilitätswende erforderlich sind“, berichtet Werner Overkamp. Für die Verkehrsbetriebe bedeute das: „Sie wollen und müssen auch aus dem Ausland rekrutieren.“ Jetzt komme es auf die Ausgestaltung der Gesetzesnovelle an, denn, so Overkamp weiter, „wir brauchen bei den Bus- und Bahnunternehmen alle helfenden Hände und klugen Köpfe.“

VDV begrüßt neues Eckpunktepapier

Vor diesem Hintergrund gewinnen die Eckpunkte zusätzlich an Gewicht: Konkret soll erstens die sogenannte BlueCard nun auch für beruflich ausgebildete Erwerbsmigrantinnen und -migranten geöffnet werden. Bisher standen Akademikerinnen und Akademiker im Mittelpunkt. Zweitens soll die Einreise für Fachkräfte mit Abschluss und Berufserfahrung zur Aufnahme von Tätigkeiten in nicht reglementierten Berufen möglich sein, ohne dass ein langwieriges formales Anerkennungsverfahren durchlaufen wird. Drittens erwächst die Chance, nach Deutschland einzureisen, wenn eine Berufsausbildung in einem Unternehmen absolviert wird. „Endlich erhalten die Unternehmen einen größeren Entscheidungs- und Handlungsspielraum“, lobt Werner Overkamp, „unter anderem im Rahmen einer ‚Anerkennungspartnerschaft mit Erwerbsmigranten‘, die eine qualifizierte Beschäftigung und ein paralleles Anerkennungsverfahren ermöglicht.“

Allerdings ist noch etwas Geduld gefragt. Zunächst muss das Bundeskabinett Anfang 2023 die notwendigen gesetzlichen Änderungen beschließen. Ab dem Frühjahr 2023 könnte das novellierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz greifen. Sorgen bereitet dem VDV jedoch ein Finanzierungsvorbehalt im Eckpunktepapier. Ohne zusätzliche Mittel könnten die Maßnahmen, die zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, nur umgesetzt werden, wenn sie in den Ressort-Einzelplänen gegenfinanziert werden.

Umfrage-Ergebnisse liefern Fakten

Harte Fakten zum Thema Fachkräftegewinnung liefert die neue VDV-Branchenumfrage „Rekrutierung aus dem Ausland“: 13 Prozent der befragten Betriebe suchen bereits aktiv jenseits der deutschen Grenzen nach Personal, vor allem im osteuropäischen Raum. Dagegen rekrutieren 87 Prozent zurzeit noch nicht im Ausland. Jene Unternehmen, die bei der Personalgewinnung schon grenzüberschreitend agieren, sorgen selbst für Integrationsmaßnahmen: von Sprachkursen über Unterstützung bei der Kinderbetreuung bis hin zur Wohnungssuche und der Mitfinanzierung des Busführerscheins. Gefordert ist gemäß der Umfrage zudem ein Umdenken bei Behörden, Bund und Ländern. Als dringlichste Aufgaben wurden genannt: feste Ansprechpersonen in den Arbeitsagenturen, finanzielle Entlastung bei Qualifizierungen, Handreichungen, wann was zu erledigen ist, und „die Befähigung des Personalbereichs zur Integrationskompetenz“.

Gerade das Beherrschen der Sprache gilt für den öffentlichen Verkehr als Schlüsselkompetenz. Daher drängt der VDV darauf, für die Sprachförderung – gefragt sind die Level B1 bis C – entsprechende Finanzmittel und Ausbildungsstrukturen bereitzustellen (siehe auch Gastbeitrag von Michael Weber-Wernz, Geschäftsführer der VDV-Akademie).

Künftig sollen die Verkehrsbetriebe beim Thema Fachkräftegewinnung vermehrt auf die VDV-Arbeitgeber­initiative zurückgreifen können. Um Strategien gegen den Arbeitskräftemangel geht es auch auf dem ersten VDV-Fachkräftekongress, der vom 28. Februar bis zum 1. März 2023 in Berlin stattfindet.

Die VDV-Arbeitgeberinitiative

im Netz:

www.in-dir-steckt-zukunft.de

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