Einfach die Welt retten?

„Ist das noch Wetter oder die Klimakrise?“, dürften sich manche der mehr als 800 Teilnehmenden auf der diesjährigen VDV-Jahrestagung gefragt haben. Denn es war heiß in Leipzig. Hitzig wurde es dagegen nicht – die Vertreter der Bundespolitik fehlten.


Mehr als 800 Teilnehmende besuchten die VDV-Jahrestagung und verfolgten die Beiträge in den Foren und auf den Podien sowie die Diskussionen – hier mit Moderatorin Catherine Vogel (v. r.), Autor Frank Schätzing, Staatsekretärin Ines Fröhlich (Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr), LVB-Chef Ulf Middelberg, Stephan Kühn (Baubürgermeister der Stadt Dresden) und VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Tagsüber gab es schweißtreibende Temperaturen um die 30 Grad mit feucht-heißer Luft, am späten Donnerstagabend dann sorgte Sturmtief „Lambert“ – laut Deutschem Wetterdienst „die erste brisante Schwergewitterlage“ des Jahres – mit Blitz, Donner und Starkregen für weitere Kracher nach dem Ende des Abendprogramms. Zum Glück ohne Folgen. Selbst wenn etwas passiert wäre, hätte die Verkehrsbranche als wichtiger Protagonist beim Klimaschutz ohnehin einen starken Partner aus dem Versicherungswesen an ihrer Seite gehabt. „Nachhaltigkeit liegt in unseren Genen“, bekräftigte Gottfried Rüßmann, Vorstandsvorsitzender der DEVK, die als Sponsor zum Gelingen des Festabends ganz wesentlich beigetragen hat.

Festabend mit gelockerter Kleiderordnung: DEVK-Vorstandsvorsitzender Gottfried Rüßmann (M.) im Gespräch mit VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff und Catherine Vogel

Passender konnte der meteorologische Rahmen der diesjährigen VDV-Jahrestagung, die auf Einladung des VDV und der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) stattfand, also nicht sein. Denn auf dem Branchentreff drehte sich viel um den Klimaschutz und darum, wie der öffentliche Verkehr seinen Beitrag dazu leisten kann. Die mehr als 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer widmeten sich zudem weiteren drängenden Branchenthemen – dem Wachstum im Schienengüterverkehr, dem sich verschärfenden Personalmangel in allen Bereichen sowie der Finanzierung und weiteren Entwicklung des Deutschland-Tickets.

„Mehr bewegen“ hat sich die Branche vorgenommen. Das gilt zunächst im Personen- und Güterverkehr. Aber auch auf den Handlungsbedarf und Entscheidungsstau in der Politik lässt sich das Veranstaltungsmotto ausweiten. Zur gleichen Zeit ging es in Berlin ebenfalls heiß her. Im Bundestag wurde engagiert über die von der Regierungskoalition angestrebte Reform der Deutschen Bahn samt konsequenter Trennung von Netz und Betrieb debattiert. Deshalb hatten die angekündigten Gäste aus der Bundespolitik kurzfristig abgesagt.

Politische Reden: VDV-Präsident Ingo Wortmann (Foto l.) und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (r.), der auch Vorsitzender der Landesverkehrsministerkonferenz ist

Die Mobilitätswende ist eines der wichtigsten Instrumente, um das Klima zu schützen.

Burkhard Jung
Oberbürgermeister von Leipzig und Vizepräsident des Deutschen Städtetags

Während die Klimaanlagen im Congress Center Leipzig über ihre Belastungsgrenze hinaus gefordert waren, diskutierte die Branche unter anderem mit dem Schriftsteller Frank Schätzing, wie die Verkehrswende und gar die Weltenrettung noch zu schaffen sind. „Die Energiewende zu vollziehen, kostet einen Haufen Geld“, sagte der Bestsellerautor: „Sie nicht zu vollziehen, kostet die Zukunft.“ Auch VDV-Präsident Ingo Wortmann forderte in seiner verkehrspolitischen Rede mehr Tempo und Entschlossenheit beim Klimaschutz. „Was wir im Moment tun, fühlt sich nicht nach Verkehrswende an.“ Ingo Wortmann unterstrich seine Forderung nach einer dauerhaften Finanzierung des DeutschlandTickets, dem das Deutschland-Angebot folgen müsse. „Sonst kommen wir nicht am Ziel an.“ Eine Herausforderung sieht der VDV-Präsident in der Einnahmeaufteilung: „Die müssen wir gut abarbeiten.“ Für die weitere Entwicklung des ÖPNV unterstrich Ingo Wortmann die Bedeutung des bislang ruhenden Ausbau- und Modernisierungspakts. Oliver Krischer, NRW-Verkehrsminister und Vorsitzender der Landesverkehrsministerkonferenz, kündigte an, mit dem Bund im Herbst in die Verhandlungen über den Ausbau- und Modernisierungspakt einsteigen zu wollen: „Wenn wir es nicht schaffen, den mit Leben zu füllen, haben wir nächstes Jahr ein Scherbengericht.“

Zuvor hatten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer per Videobotschaft und Leipzigs OB Burkhard Jung die Branche willkommen geheißen. „Die Mobilitätswende ist eines der wichtigsten Instrumente, die wir in der Hand haben, um das Klima zu schützen“, betonte Burkhard Jung, der auch Vizepräsident des Deutschen Städtetags ist: „Das absolute Rückgrat der Verkehrswende ist der ÖPNV.“ Nach dem „Diktat des Autos“ in den Städten, so Burkhard Jung, beginne langsam und sicher ein Umdenken. Wie viele andere im Publikum hätte sich Leipzigs Oberbürgermeister vor der Einführung des D-Tickets den Ausbau von Infrastruktur und Angebot gewünscht. Zudem sprach er sich mit Blick auf den Bund für eine neue Form der ÖPNV-Finanzierung aus.

Die nächste VDV-Jahrestagung findet vom

10. bis 12. Juni 2024 in Düsseldorf statt.

www.vdv.de/jahrestagung

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