Autonome Projekte quer durch das Land
In vielen anderen Städten und Regionen in Deutschland und im Ausland gibt es weitere Projekte mit fantasievollen Namen, die sich wie in der sächsischen Metropole meist aus kunstvollen Abkürzungen ergeben. Anders in Bayerns Landeshauptstadt: Der Projektname „Minga“ ist die bayerische Dialektversion für „München“. Hier geht es ebenfalls um automatisierte On-Demand-Angebote für die Randgebiete der Millionenstadt, aber auch um den Einsatz automatisierter Solobusse auf einer städtischen Linie sowie das „Platooning“. Dahinter verbirgt sich die Idee, an einen Bus einen weiteren ausschließlich mit einer elektronischen Verbindung gewissermaßen anzuhängen – natürlich ohne Fahrer.
Im Rhein-Main-Gebiet hat „Kira“ Level 4 erreicht, aber noch mit Sicherheitsfahrer: Der Projektname steht für „KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre“, auch hier zur ÖPNV-Erschließung von Vierteln und Ortsteilen außerhalb der Linien von Bus und Bahn. Gefahren wird nicht mit einem Kleinbus, sondern mit einem Elektro-SUV des chinesischen Herstellers „Nio“. Dagegen will die Region Hannover in der Stadt Burgdorf einen „richtigen“ Linienbus autonom einsetzen. Geplant ist eine Stadtlinie vom und zum Bahnhof, für die drei Fahrzeuge des türkischen Busherstellers Karsan beschafft werden sollen – vergleichsweise große Fahrzeuge mit 50 Sitzen. Für dieses Projekt mit dem Namen „Albus“ liegen alle notwendigen Genehmigungen vor, teilte die Region Hannover kürzlich mit.
Branchenexperten wie Ricco Kämpfer von der Unternehmensberatung P 3 kritisieren allerdings, dass die bisherige Landschaft autonomer Mobilitätsprojekte geprägt sei von „Insellösungen und Einzelvorhaben, denen es an Langzeittragfähigkeit mangelt“. Zudem würden Lernkurven nicht zusammengebracht und Projekte „nicht zu Ende gedacht”. Auf der „mobility move“ in Berlin schlug Ricco Kämpfer stattdessen ein „zentral gesteuertes und ambitioniertes Leuchtturmprojekt“ mit einer Laufzeit von fünf bis acht Jahren vor, in dem dann auch die Bushersteller eingebunden würden. Das ist derzeit noch ein Problem: Die deutsche Autoindustrie und teils auch die Zulieferer halten sich bei der Entwicklung autonomer ÖPNV-Fahrzeuge zurück. Eine Branche, die ihre Produkte weltweit millionenfach an den Kunden bringen will, sieht keine Chance, bei den kleinen Stückzahlen im Nahverkehr Geld zu verdienen. Eine Ausnahme hierzulande ist Bushersteller MAN. Er beteiligt sich am Münchner Projekt „Minga“ mit dem Ziel, Stadtbusse mit Elektroantrieb für den autonomen Betrieb aufzurüsten.
„Die deutsche Fahrzeugindustrie könnte sich mit der Herstellung von ÖPNV-Shuttles im Level 4 zurück an die Spitze der Innovationen auf dem europäischen Markt bringen. Das gibt der kriselnden Branche ein Stück Investitionssicherheit“, ist die Vision von Dr. Till Ackermann, beim VDV Fachbereichsleiter für die Geschäftsentwicklung der Branche. Sein Plädoyer: „Skalierte Projekte in Modellregionen fördern und ein Kooperationsnetzwerk schaffen.“
Technologiewettbewerb fehlt
Verkehrsunternehmen wie die LVB stellen sich die Entwicklung von verschiedenen Busplattformen vor, auf die dann die autonome Technologie aufgesetzt werden kann. Projektchef Mario Nowack hofft darauf, dass „die Bushersteller mit der Produktion von 10.000 bis 20.000 Fahrzeugen zufrieden sein könnten“. Was bei allen Projekten bislang völlig fehlt, ist ein Wettbewerb der Technologiepioniere des autonomen Fahrens, der letztlich die Marktentwicklung vorantreiben könnte. Sämtliche fahrerlosen Systeme, die in Deutschland betrieben werden, sind Produkte des US-amerikanisch/israelischen Herstellers Mobileye.
Weitere Infos unter:
http://absolut-projekt.de
www.vdv.de/positionen