Vor drei Jahren eröffneten die HSB an ihrem Sitz in Wernigerode eine hochmoderne Dampflokwerkstatt – ein „Fitnessstudio für die Dampflokveteranen“, wie „VDV Das Magazin“ berichtete. Ein prächtiger Industriebau, nicht nur für die Menschen, die dort arbeiten, sondern auch zum Zuschauen für die vielen Lokliebhaber, die jährlich zu den schmalen Schienen im Harz pilgern. Rund 15 Millionen Euro hat die Bahn aus Eigenmitteln und Krediten aufgebracht. Viel Geld, aber es hat nicht gereicht: Aus Kostengründen blieb die technische Ausstattung der Werkstatt reduziert. Die Idee, künftig die schwere Instandhaltung günstig in Eigenregie auszuführen, musste verworfen werden.
    
    Fitnessstudio für die Dampflokveteranen: Am Firmensitz in Wernigerode haben die HSB in eine moderne Werkstatt investiert.
 
Höchster Alarm bei den neun Städten und Kreisen, die Gesellschafter der HSB GmbH sind – und in der Landespolitik in Sachsen-Anhalt sowie Thüringen. In beiden Bundesländern betreibt die Bahn ihr 140 Kilometer langes Streckennetz. Im Rahmen der Daseinsvorsorge fährt sie, mit und ohne Dampf, den bestellten Schienennahverkehr auf der Grundlage eines Verkehrsvertrags – wie andere Unternehmen in anderen Regionen auch. Ein Gutachten der Eisenbahnexperten der Beratungsfirma SCI Verkehr machte schnell deutlich, dass sich die finsteren Wolken über dem Harz so schnell nicht verziehen werden. Laut der Untersuchung stehen die HSB vor einem erheblichen Investitions- und Instandhaltungsstau. Für eine zukunftsfähige Infrastruktur und für die Flotte müssen nach Schätzung der Gutachter innerhalb der nächsten 20 Jahre 550 Millionen Euro investiert werden sowie 250 Millionen Euro für den Betrieb zur Verfügung stehen. Gegenwärtig wird vielfältig diskutiert, gerechnet und nachgedacht, wie das Unternehmen und der Zugbetrieb überleben können. Es geht nicht nur um hohe Kosten. Mit knapp 300 Beschäftigten sind die HSB einer der großen Arbeitgeber im Harz, rund 1.000 weitere Arbeitsverhältnisse hängen mittelbar an der Bahn. Zudem hat die Hochschule Harz eine jährliche Wertschöpfung von 39 Millionen Euro durch den Bahnbetrieb errechnet. „Jeder ausgegebene Euro verdreifacht sich so“, sagt Dirk Bahnsen: „Eine bessere Investition ist für die Länder kaum denkbar.“ Doch der Rotstift wird in den kommenden Jahren immer mitfahren. Die Gesellschafter haben sich klar zum Erhalt des gesamten Netzes ausgesprochen. Der Vorschlag einer kompletten Elektrifizierung wird gegenwärtig mit einer Machbarkeitsstudie durch den Landkreis Harz untersucht. Geklärt werden muss auch, ob und wie ein Dampfbetrieb der nächsten Generation attraktiv-traditionell, aber möglichst emissionsfrei aufgegleist werden kann. Das Gutachten hat sich für eine Umrüstung der Dampfloks auf eine emissionsarme Leichtölfeuerung ausgesprochen.
Finanzielle Sorgen gibt es auch bei den dampfenden Schmalspurbahnen im südlichen Sachsen. Das Land hat in seinem Doppelhaushalt für 2025/2026 den Betriebskostenzuschuss für die fünf historischen Bahnbetriebe um rund zehn Prozent gesenkt. In der Folge mussten die Aufgabenträger Fahrleistungen aus den Verkehrsverträgen reduzieren. Die „bereits in der Vergangenheit überdurchschnittlich stark gestiegenen Material- und Energiekosten“ seien nicht zu kompensieren gewesen, heißt es beim Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). In der Folge fallen künftig Züge aus und werden Verkehre außerdem auf die Wochenenden beschränkt. Und die Bahnen müssten Wartungs- und Reparaturaufwand auf ein Minimum reduzieren.
    
    Sachsen bietet eine hohe Dichte des Kulturerbes Schmalspurbahn - darunter die Weißeritztalbahn und die Preßnitztalbahn (v. l.).
 
Dass es sich bei den fünf Bahnen nicht um beliebige Verkehrsmittel handelt, zeigen die Reaktionen auf das Sparprogramm des Freistaates Sachsen. Dr. Andreas Winkler, Vorstandsvorsitzender der „Stiftung Sächsische Schmal- spurbahnen“ lässt Verbitterung über das von der Landesregierung verordnete Spardiktat durchblicken: „Die pauschale Kürzung für die Bahnen im täglichen Verkehr erschwert die Aufrechterhaltung dieser wichtigen Infrastruktur massiv. Diese erfolgte ohne Prüfung der Bedingungen, Anforderungen und eigenen Initiativen.“ Christian Sacher, Projektleiter der Marketingplattform „Dampfbahn-Route“, sorgt sich um „dieses nur in Sachsen in der besonderen Dichte und Vielfalt zu erlebende Kulturerbe der Schmalspurbahnen“. Durch die Angebotsreduzierungen werde „eine Lücke in die touristische Infrastrukturfunktion der Bahnen und damit auch in regionale Wertschöpfungsketten links und rechts der Bahnen gerissen“. Es sei nicht erkennbar, „wie das fast 150-jährige Kulturgut dampfbetriebene Schmalspurbahnen in Sachsen als wohl besucherstärkste industriekulturelle Facette des Freistaats eine gesicherte Zukunft haben kann“.