Klimaschutz und Atomausstieg
Die japanischen Bahnen, gerne mal als Musterbeispiele für Effizienz und Pünktlichkeit bemüht, positionieren sich zunehmend auch als Vorreiter im Klimaschutz. Obwohl der Anteil des Schienenverkehrs an den gesamten CO₂-Emissionen Japans mit rund zwei Prozent sehr gering ist, wird er als Schlüsselbereich zur Erreichung der nationalen Klimaziele betrachtet. Die Vorgabe des japanischen Verkehrsministeriums ist klar: Bis in die 2030er-Jahre sollen die CO₂-Emissionen des Sektors gegenüber dem Geschäftsjahr 2013 halbiert werden.
Dass Japan trotz bereits geringer Emissionen im Verkehrssektor so ambitionierte Klimaziele verfolgt, ist auch einem zweiten nationalen Großprojekt geschuldet: dem Ausstieg aus der Atomkraft. Als Konsequenz aus der Katastrophe von Fukushima will das Land seine nukleare Abhängigkeit in den nächsten Jahrzehnten schrittweise beenden und den Ausstieg bis in die 2070er-Jahre vollziehen. Für eine energiehungrige Industrienation wie Japan ist dies eine Herausforderung.
Die Vorreiter und die nationale Klimastrategie
Als erstes großes Eisenbahnunternehmen des Landes vollzog die Tokyu Corporation bereits im April 2022 einen historischen Schritt und stellte den Betrieb aller ihrer acht Bahnlinien in Tokio und der Präfektur Kanagawa auf 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen um. Nach eigenen Angaben vermeidet das Unternehmen damit jährlich rund 160.000 Tonnen CO₂-Emissionen. Dem Beispiel folgte die Seibu Railway, die im Januar 2024 ebenfalls alle ihre 12 Linien vollständig auf erneuerbare Energien umstellte.
Doch die eigentlichen Potenziale liegen im attraktiven Angebot: So belegen Daten von JR Central, dass der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen im Vergleich zum Flugverkehr signifikant weniger Energie verbraucht und einen erheblich geringeren CO₂-Ausstoß pro Passagierkilometer aufweist – ein großes Plus in Sachen Klimaschutz.
Ein japanischer Nahverkehrszug. Auch im Nahverkehr setzt Japan auf Grüne Energie.
Wie der grüne Strom auf die Schiene kommt
Die Umstellung erfolgt in den meisten Fällen nicht durch den direkten Bau von Solarparks oder Windrädern neben den Gleisen, sondern durch einen moderierten und gesteuerten Strommarkt und einen Emissionshandel. Das zentrale Instrument ist das 2018 von der Regierung eingeführte System der "Non-Fossil Fuel Certificates". Verkehrsunternehmen erwerben diese Zertifikate, die bescheinigen, dass eine entsprechende Menge Strom aus erneuerbaren Quellen, wie Wasserkraft, Geothermie, Biomasse oder Solarenergie, in das öffentliche Netz eingespeist wurde. Dies ermöglicht es den Betreibern, ihren Strombedarf vollständig zu dekarbonisieren, ohne direkt von der schwankenden Verfügbarkeit einzelner Energiequellen abhängig zu sein.
Es gibt jedoch auch Projekte, die auf eine direkte Versorgung setzen. Die 2023 eröffnete Straßenbahnlinie der Utsunomiya Light Rail in der Präfektur Tochigi wird gezielt mit lokal erzeugter erneuerbarer Energie betrieben. Der Strom stammt unter anderem aus Biomasse, die in einer regionalen Müllverbrennungsanlage anfällt, sowie aus Solaranlagen auf nahegelegenen Wohnhäusern. Ein weiteres frühes Beispiel ist die Setagaya-Linie der Tokyu Corporation, die bereits 2019 auf einen Mix aus Wasserkraft und Geothermie umgestellt wurde.
Japans Grüne Energie wächst dezentral: Eine Solaranlage auf dem Dach eines traditionellen japanischen Hauses.
Regionale Strategien und technologische Innovation
Neben der reinen Stromversorgung stehen aber auch die Fahrzeuge im Mittelpunkt: Die Tobu Railway hat eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie für die touristisch bedeutende Nikko-Region entwickelt. Ein Kernstück dieser Strategie ist die Einführung des neuen, energieeffizienten Zuges "Spacia X". Parallel dazu führt das Unternehmen Experimente mit Biokraftstoffen durch, um alternative Antriebsformen zu erproben und die Abhängigkeit vom Stromnetz weiter zu reduzieren. Auch andere große Betreiber wie Hankyu und Hanshin im Großraum Osaka sowie Keikyu, das den Flughafen Haneda mit Yokohama verbindet, nutzen zertifizierten Strom aus erneuerbaren Quellen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und den öffentlichen Nahverkehr noch umweltfreundlicher zu gestalten.