Bewegungsunscharfe Aufnahme eines Linienbusses bei Nacht in einer Stadt. Die Lichter des Busses und der Umgebung ziehen blaue und rote Streifen und vermitteln Geschwindigkeit.
Verband & Branche
9 Min
29. OKTOBER 2025

Busstopp mit Katzenauge

Es ist ein nächtlicher, sehr individueller Service: In vielen Städten, auf vielen Linien im Land können Busfahrgäste zu später Stunde den Heimweg durch die Dunkelheit abkürzen. Sie bitten Fahrerin oder Fahrer um einen Extrastopp zwischen zwei Haltestellen. Ein spezieller Kundendienst, den es aber nicht überall gibt.

Hallöchen, das ist ja eine gute Idee“, schreibt Marietta auf der Website der Magdeburger Verkehrsbetriebe. Diese bewerben den Service als Angebot, „sicher durch die Nacht“ zu kommen. Der „kurze Weg von der Bustür zur Haustür“: „Egal ob schlechtes Wetter, frühere Ankunftzeit oder eigenes Sicherheitsgefühl – die Gründe, diesen Extrastopp zu nutzen, sind vielseitig.“ In Magdeburg halten die Busse auf allen Linien zwischen 22 und 4 Uhr auf den speziellen Haltewunsch.

In anderen Städten geht es mal um 20 Uhr, mal sogar um 19 Uhr los. Die Spielregeln aber sind stets ähnlich. Wer außerhalb der Haltestellen aussteigen will, muss dies dem Fahrpersonal rechtzeitig, also beim Einsteigen, mitteilen. Ob dann tatsächlich an der gewünschten Stelle angehalten werden kann, entscheidet der Mensch am Steuer nach Verkehrssituation und den Regeln der Straßenverkehrsordnung. Im absoluten Halteverbot oder an einer Ampel etwa darf niemand aussteigen. Wichtig auch: Zwischen zwei Haltestellen ist immer nur ein einziger Sonderstopp möglich – damit der Fahrplan nicht auf der ganzen Linie leidet.

Was hier mit wenigen Sätzen beschrieben ist, schlägt sich in ausführlichen „Besonderen Beförderungsbedingungen“ nieder, mit denen den Verkehrsbetrieben hoheitlich-amtlich gesetzliche Bedingungen und Verhaltensregeln für das Halten auf Wunsch auferlegt werden. Beispielsweise bei der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft (INVG), der die Regierung von Oberbayern schon vor 30 Jahren penibel unter einem Aktenzeichen klar machte, wann der Busstopp außer der (Haltestellen-)Reihe zulässig ist. Wichtig: Aussteigen außerhalb geschlossener Ortschaften ist nicht erlaubt, das Einsteigen in jedem Fall ein No-Go. 


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Ob Duisburg oder Berlin, München oder Siegburg, Stuttgart oder Erfurt: In vielen größeren und kleinen Städten wird das Angebot ohne viel Aufwand und meist ohne große Werbung gepflegt. Erfahrungen oder Statistiken gibt es keine. Auch nicht in Oberhausen: Werner Overkamp, Chef des Stoag-Verkehrsbetriebes und VDV-Vizepräsident für den Bussektor: „Der Service, den wir bereits seit über 30 Jahren anbieten, ist heute aktueller denn je. Mit ‚Halten auf Wunsch‘ ermöglichen wir unseren Fahrgästen ein Plus an Flexibilität, Komfort und vor allem Sicherheit.“

Eine junge Frau mit heller Jacke und Mütze steht nachts in der geöffneten Tür eines hvv-Linienbusses, bereit zum Aussteigen an einem dunklen Straßenrand.

Service im Randgebiet des hvv

Der Hamburger Verkehrsverbund (hvv) hatte das „Halten auf freier Strecke“ auf einigen Linien schon seit Jahren möglich gemacht und bietet es seit Kurzem im gesamten Busnetz ab 21 Uhr an – jedenfalls in den Randgebieten außerhalb des Straßenringes 2 der Hansestadt, also nicht in der City und nicht für Expressbuslinien. Bei der früheren Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG), die 2006 in der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) aufging, gab es schon in den frühen 1990er-Jahren Ausnahmehalte für alle Buslinien ab 19 Uhr.

Seinerzeit hatten die Pinneberger darüber hinaus nach Lösungen gesucht, im „Spätbetrieb“ den Fahrgästen mehr Annehmlichkeit zu bieten. In den Fahrplanbüchern wurden Wunschhalte als Abendservice per Fußnote beworben. Und es gab Angebote, die heute kaum vorstellbar sind: So durften die Linienbusse zu späteren Stunden für spezielle Ausstiegswünsche sogar vom Linienweg abweichen. Wie weit, das war in einem Faltblatt exakt dargestellt. Und möglich war – heute ebenso unvorstellbar – das Anhalten eines Busses zum Einsteigen. Ein Pensionär erinnert sich: Die PVG habe eigens Katzenaugen mit einem stilisierten freundlichen Busgesicht entwickeln lassen. Damit konnten Nachtschwärmer gewissermaßen per Anhalter reisen – und dem Busfahrer im Dunkel des Abends winkend ihren Haltewunsch signalisieren …


Werner Overkamp

„Der Service, den wir bereits seit über 30 Jahren anbieten, ist heute aktueller denn je. Mit ‚Halten auf Wunsch‘ ermöglichen wir unseren Fahrgästen ein Plus an Flexibilität, Komfort und vor allem Sicherheit.“


Werner Overkamp

Vizepräsident und Vorsitzender des Verwaltungsrates Personenverkehr Bus beim VDV

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