Eine Frau und ein humanoider Roboter sitzen Rücken an Rücken an einem weißen Schreibtisch und arbeiten jeweils an einem Laptop vor einem rosa Hintergrund.
Verband & Branche
9 Min
22. AUGUST 2025

Wie KI zu einem Mitarbeitenden wird

Künstliche Intelligenz „omagerecht“ erklären und Ängste nehmen: Das hat sich Susanne Renate Schneider ( Foto) zur Aufgabe gemacht. Auf Instagram ist sie besser bekannt als „RenateGPT“. Wer sie live erleben möchte, hat dazu auf dem VDV-Personalkongress in Dresden die Gelegenheit. Dort will die Arbeitspsychologin und Autorin erläutern, wie künstliche Intelligenz den Fachkräftemangel auffangen kann. Über das Thema sprach mit ihr Catharina Goj von der VDV-Akademie für den Podcast „Nächster Halt“.

Susanne Renate Schneider

Frau Schneider, viele fragen sich: Wird KI den Menschen ersetzen – oder wird er entlastet?

» Susanne Renate Schneider: Wir sind bei Weitem noch nicht an dem Punkt, wo wir morgen alle ersetzt werden können. Als Psychologin sage ich: Lasst uns doch die menschlichen Fähigkeiten, die wir haben, durch die KI unterstützen. Was wir dann erreichen können, ist immens. Ich bin kein Automatisierungsfreund, weil wir dann eine andere Sorte von Fehlern, die möglich sind, bekommen und unter Umständen blind in Probleme hineinlaufen können. Man muss sich allerdings mit dem Thema KI auseinandersetzen. Das heißt auch, das Köpfchen zu benutzen. Über die Fähigkeiten und die Expertise, die jeder Mensch individuell hat, verfügen andere nicht. Es geht also darum, diese Skills beim Prompten so einzusetzen, dass man mit dem KI-Modell richtig arbeiten kann. Dann wird KI ein Mitarbeitender. Wer nicht von KI ersetzt werden will, sollte sich nicht von KI ersetzen lassen. Ich motiviere alle Leute dazu, viel mit KI zu arbeiten und die eigene Expertise mit reinzunehmen. Das bringt am Ende die meisten Vorteile für uns alle.

Bei kreativen Aufgaben drängt sich der Eindruck auf: Wenn wir jetzt alles nur noch in KI machen, haben wir einen Einheitsbrei.

» Ist auch so – wenn wir nicht richtig prompten. Dann speisen wir ja quasi wieder generische Daten in das System, mit denen wieder neue KI-Modelle trainiert werden. Am Ende wird alles noch generischer. Wenn man wirklich einen guten Prompt hat, den man auf die Zielgruppe und deren Tonalität anpasst, wird es spezifischer. Dann gehen wir schon ein bisschen weg von diesem Einheitsbrei. Egal, was herauskommt: Ich rate, es immer noch mal anzupassen – einfach nur, damit man selber dabei ist.

Wo stößt KI an ihre Grenzen?

» Ein KI-Tool ist so trainiert, dass es ein hilfreicher Assistent ist. Halluzination ist jedoch ein Thema. Das ist der Fachbegriff dafür, dass KI am Ende lügt – und zwar direkt ins Gesicht. Das Tückische daran ist, dass das Ergebnis sehr realistisch klingt. Hier kommt es wieder auf die Expertise und die Medienkompetenz des Menschen an. Auch den Umweltgedanken darf man nicht aus den Augen verlieren. Eine Anfrage in KI verbraucht mehr Energie als eine Google-Anfrage. Richtig zu prompten, schont die Ressourcen.

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Was muss politisch und bildungstechnisch passieren, damit KI eine sinnvolle Unterstützung wird?

» Jetzt kommt es darauf an, vor allem Schülerinnen und Schülern sowie Lehrenden zu zeigen, wie KI richtig angewandt werden kann. Wir sollten dazu aktiv selbst etwas anbieten. Die Politik wird schon nachkommen, aber vielleicht dauert es ein bisschen.

Welche Kompetenzen müssen Mitarbeitende unbedingt mitbringen, um in einer zunehmend KI-unterstützten Arbeitswelt zu bestehen?

» Als Grundvoraussetzung: Offenheit. Man benötigt keine technischen Fähigkeiten, um sich mit KI auseinanderzusetzen, sondern nur Offenheit und Kommunikation. Wir müssen offen dafür sein, uns auch mit einem KI-Tool unterhalten zu wollen. Dann kommt eins nach dem anderen.

Stichwort Datenschutz: Wie kann man im Unternehmen die richtigen Prompts generieren, ohne Geheimnisse oder wichtige Unternehmensdaten zu verraten?

» Das ist der größte Knackpunkt für viele Mitarbeitende und Unternehmen. Zu wissen, was man mit KI machen und nicht machen kann, gehört ebenfalls zur neuen Medienkompetenz. Alle personenbezogenen Daten und Unternehmensinterna – was also noch nicht im Internet steht –, haben in den Prompts nichts zu suchen. Außerdem sollte man schauen, wie die KI-Richtlinien im Unternehmen sind.

Wie kann künstliche Intelligenz konkret dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen?

» Was KI – vor allem die Sprachtools – sehr gut kann, sind repetitive Aufgaben, die etwa in Verwaltungen einen Riesenteil der Arbeitszeit ausmachen. Ich meine sich wiederholende Aufgaben, bei denen man nichts mehr hinzulernt. Wer es schafft, diese repetitiven Aufgaben ein bisschen zu minimieren und weniger Zeit zu investieren, kann Fähigkeiten, die im Unternehmen vorhanden sind, woanders nutzen. Das ist der größte und schnellste Impact, der zu erreichen ist.

Eine Langfassung des Gesprächs finden Sie unter:

https://www.vdv-akademie.de/podcast/103-hr-kennzahlen/

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